Förderprogramm

Aktionsprogramm „Hilfen in Wohnungsnotfällen“

Förderart:
Zuschuss
Förderbereich:
Gesundheit & Soziales
Fördergebiet:
Nordrhein-Westfalen
Förderberechtigte:
Kommune, Verband/Vereinigung
Fördergeber:

Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen

Ansprechpunkt:

Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen

Fürstenwall 25

40219 Düsseldorf

Weiterführende Links:
Hilfe bei Wohnungslosigkeit

Kurzzusammenfassung

Kurztext

Wenn Sie Maßnahmen zur Verhinderung von Wohnungslosigkeit planen und Menschen auf dem Weg aus der Obdachlosigkeit begleiten, können Sie unter bestimmten Voraussetzungen einen Zuschuss erhalten.

Volltext

Das Land Nordrhein-Westfalen unterstützt Sie bei Projekten und Konzepten zur Weiterentwicklung der Wohnungsnotfallhilfe im Rahmen folgender Handlungsfelder:

  • konsequente Prävention drohender Wohnungslosigkeit,
  • Reduzierung bereits bestehender Wohnungslosigkeit durch schnelle Reintegration von Wohnungslosen in reguläre Mietverhältnisse und
  • weiterer Ausbau bedarfsgerechter wohnbegleitender Hilfen.

Die Förderung erhalten Sie für Projekte mit folgenden Förderschwerpunkten:

  • Prävention,
  • Wohnungsbeschaffung,
  • wohnbegleitende Hilfen,
  • experimentelle Ansätze sowie
  • Beratungsprojekte.

Sie erhalten die Förderung als Zuschuss.

Die Höhe des Zuschusses beträgt bis zu 90 Prozent der zuwendungsfähigen Ausgaben bei einer Laufzeit der Projekte von normalerweise 2, maximal jedoch 3 Jahren.

Die Gesamtkosten von Beratungen dürfen maximal EUR 16.000 betragen.

Die Bagatellgrenze beträgt EUR 2.000, bei kommunalen Trägern EUR 12.500.

Ihren Antrag stellen Sie im jeweiligen Haushaltsjahr bis spätestens zum 31.1. beziehungsweise 31.7. beim Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales.

Zusatzinfos 

rechtliche Voraussetzungen

Antragsberechtigt sind

  • Kommunen,
  • Träger der freien Wohlfahrtspflege sowie
  • private Träger von Wohnungsnotfallhilfeprojekten.

Die Förderung ist an bestimmte Bedingungen geknüpft:

  • Ihr Projekt muss auf vorhandene Angebote oder Strukturen aufbauen und eine gesicherte Prognose bieten, die Förderung zu überdauern.
  • Sie müssen einen Eigenanteil von mindestens 10 Prozent, als kommunaler Träger von 20 Prozent erbringen.
  • Bei Präventionsmaßnahmen müssen Sie eine genaue Analyse der bestehenden Hilfestrukturen und konkrete Angaben zu den geplanten Schritten für eine Optimierung der Prävention von Wohnungslosigkeit vorlegen.
  • Bei Wohnungsbeschaffungsmaßnahmen müssen Sie konkrete Planungen vorlegen, wie viel Wohnraum für wie viele Personen in welchem Zeitraum erschlossen und wie er langfristig gesichert werden soll.
  • Zur Förderung von wohnbegleitenden Hilfen müssen Sie ein schlüssiges Umsetzungskonzept vorlegen, das auch die Bedarfslagen der Zielgruppe und die Notwendigkeit der Projektkoordination umfasst.
  • Bei innovativen Projekten der Wohnungsnotfallhilfe müssen Sie über ausgewiesene Erfahrungen verfügen, ein auf die örtliche Situation bezogenes Konzept vorlegen und die Integration in das bestehende Hilfesystem sicherstellen.
  • Die Förderung von Beratungsmaßnahmen erfolgt nur für fachlich ausgewiesene Institute.

Rechtsgrundlage

Richtlinie

Aktionsprogramm „Hilfen in Wohnungsnotfällen“.
Maßnahmen zur Prävention und Bekämpfung von Wohnungslosigkeit.

Stand Oktober 2018

1. Ausgangslage

Die Versorgung mit Wohnraum ist ein elementares Grundbedürfnis. Wohnungslosigkeit ist eine der extremsten Formen von Armut, mit einschneidenden Auswirkungen auf die Lebenswelt der Betroffenen und erheblichen Herausforderungen für Kommunen und freie Träger der Wohlfahrtspflege, die bei den Hilfen in Wohnungsnotfällen Verantwortung übernehmen. Ihr Ziel muss sein, Wohnungslosigkeit so weit wie irgend möglich zu vermeiden und zu beheben.

Die Landesregierung hat es sich zur Aufgabe gemacht, die lokal und überörtlich verantwortlichen und aktiven Träger bei der Erreichung dieses Ziels zu unterstützen, indem sie

  • neue Ansätze zur Vermeidung und Behebung von Wohnungslosigkeit beispielhaft fördert,
  • die quantitative Entwicklung der Wohnungslosigkeit in Nordrhein-Westfalen dokumentiert,
  • Forschung zur Verbesserung des Hilfesystems finanziert,
  • den Informationsaustausch über beispielhafte Ansätze anregt und
  • Informationsmaterialien erstellt/erstellen lässt
  • Untersuchungen zu verschiedenen Problemlagen vergibt.

Nach einer langen Phase der Entspannung von lokalen Wohnungsmärkten in vielen Teilen des Landes, die sich seit Mitte der 90er-Jahre auch in einem deutlichen Rückgang der in der „Obdachlosenstatistik“ des Landes Nordrhein-Westfalen erfassten kommunal untergebrachten Wohnungslosen widerspiegelte, war in den vergangenen Jahren vielerorts wieder eine zunehmende Anspannung der Wohnungsmärkte zu verzeichnen. Die erfreuliche Entwicklung in der Vergangenheit und gezielte Anstrengungen zur Verbesserung der Prävention von Wohnungslosigkeit hatten es vielen Kommunen und freien Trägern ermöglicht, kommunale Obdachlosenunterkünfte und Plätze in großen stationären Einrichtungen für Wohnungslose abzubauen. Nun stehen die lokalen Akteure vor neuen Herausforderungen. Dies nicht zuletzt aufgrund der Anspannung der Wohnungsmärkte und einer deutlichen Zunahme des Zuzugs von Flüchtlingen, die ebenfalls mit vorübergehender Unterbringung und Wohnraum zu versorgen sind. Im Jahr 2011 wurde eine Wohnungslosenstatistik für Nordrhein-Westfalen neu etabliert, die als grundlegender Bestandteil einer Integrierten Wohnungsnotfallberichterstattung nunmehr nicht nur über die Zahl der von den Kommunen untergebrachten Wohnungslosen berichtet, sondern auch über diejenigen, die am gleichen Stichtag von freien Trägern der Wohnungslosenhilfe untergebracht sind oder in deren Beratungsstellen ambulante Unterstützung erhalten. Sie dokumentiert, dass in den letzten Jahren der bis dahin zu verzeichnende Rückgang der Wohnungslosenzahlen gestoppt wurde und in einer Reihe von Städten und Kreisen bereits eine besorgniserregende Zunahme von Wohnungslosen zu verzeichnen ist.

Vor diesem Hintergrund ist es umso bedeutsamer, die präventiven Anstrengungen weiter zu verstärken, um Wohnungslosigkeit gar nicht erst entstehen zu lassen. Ist trotz aller Anstrengungen dennoch Wohnungslosigkeit eingetreten, sind alle Möglichkeiten zu ihrer raschen Behebung zu nutzen und gegebenenfalls auch neue Wege zu beschreiten, um Wohnungslosen den Zugang zu dauerhaftem Wohnraum so schnell wie irgend möglich zu erschließen. Dazu gehört auch, dass sie bei entsprechendem Bedarf wohnbegleitende Unterstützungsleistungen erhalten, um ihr Wohnverhältnis dauerhaft abzusichern und die weitergehende soziale Integration zu fördern.

Die jährliche bundesweite Auswertung der Daten von Klientinnen und Klienten der Wohnungslosenhilfe freier Träger belegt immer wieder eindrucksvoll, dass die überragende Mehrheit der Wohnungslosen ein dauerhaftes Wohnverhältnis in einer abgeschlossenen normalen Wohnung anstrebt.1) Die neuere internationale Forschung zu „Housing-First“-Ansätzen2) hat zudem mit robusten Vergleichsstudien erneut bewiesen, dass selbst Wohnungslose mit hochkomplexen Problemlagen (und auch solche mit massiven Suchtproblemen und psychischen Erkrankungen) in der Lage sind, dauerhafte Wohnverhältnisse aufrechtzuerhalten, wenn bedarfsgerechte wohnbegleitende Unterstützungsleistungen gewährt werden. Diese Studien haben auch eindrucksvoll belegt, dass eine schnelle Reintegration in normalen Wohnraum deutlich bessere Ergebnisse erzielt als Hilfeansätze, bei denen Wohnungslose über lange Zeit in Institutionen und Sonderwohnformen auf ein Leben in normalen Wohnverhältnissen stufenweise „vorbereitet“ werden.

Da Wohnungslose häufig auf besondere Barrieren beim Zugang zu normalem Wohnraum stoßen (Schufa-Anfragen, Einstufung als potenzielle „Risikomieterinnen bzw. -mieter“, geringes Angebot an erschwinglichem Wohnraum für Einpersonenhaushalte), sind gesonderte Anstrengungen nötig, um ihnen diesen Zugang möglichst zeitnah zu ermöglichen. Um die Integration in regulären Wohnraum nachhaltig abzusichern, sollten diejenigen, welche dabei gezielte Unterstützung benötigen, solche Leistungen auch erhalten.

Letztlich muss auch unter verschärften Rahmenbedingungen das Ziel aller Bemühungen darin bestehen, Wohnungslosigkeit zu vermeiden und schnellstmöglich zu beheben, anstatt sie lediglich zu verwalten.

2. Das Aktionsprogramm:
Ziele, Zielgruppen und Maßnahmen

Zentrale Ziele des Aktionsprogramms sind die Förderung und Stärkung von Maßnahmen

  • zur konsequenten Prävention drohender Wohnungslosigkeit,
  • zur Reduzierung bereits bestehender Wohnungslosigkeit durch schnelle Reintegration von Wohnungslosen in reguläre Mietverhältnisse und
  • zum weiteren Ausbau bedarfsgerechter wohnbegleitender Hilfen.

Diese Ziele werden unter anderem durch die gezielte Förderung beispielgebender Maßnahmen, aber auch durch unterschiedliche Elemente des Informationsaustauschs und der Öffentlichkeitsarbeit, durch Beratung und die jährlich durchgeführte Integrierte Wohnungsnotfallberichterstattung, verfolgt.

Bereits seit dem Jahr 1996 hat die Landesregierung mit dem Programm „Wohnungslosigkeit vermeiden – dauerhaftes Wohnen sichern“ in über 130 Projekten innovative Projektansätze und Konzepte von Kommunen, Trägern der freien Wohlfahrtspflege und privaten Trägern zur Weiterentwicklung der Wohnungsnotfallhilfe unterstützt. Mit dem Aktionsprogramm „Obdachlosigkeit verhindern – Weiterentwicklung der Hilfen in Wohnungsnotfällen“ wurde seit 2009 die Förderung innovativer Modellprojekte in den Fokus genommen, mit denen Kommunen, Träger der freien Wohlfahrtspflege und private Träger befähigt werden sollten, die Wohnungsnotfallhilfe in eigener Verantwortung weiterzuentwickeln und zum integralen Bestandteil der Wohnungspolitik zu machen. Besonderer Wert wurde dabei auf die Übertragbarkeit beispielhafter Ansätze gelegt. Zwischen 2009 und 2015 sind in diesem Programm mehr als 20 weitere innovative Projekte gefördert worden. Darüber hinaus wurden die Aktivitäten zur Projektberatung, Öffentlichkeitsarbeit, Informationsvermittlung und statistischen Erfassung von Wohnungsnotfällen sowie zur Forschung und Evaluation beispielhafter Fragestellungen und Lösungsansätze weiterentwickelt. Seit 2009 wird das Programm zudem von einer Koordinierungsgruppe fachlich begleitet, der relevante Vertreterinnen und Vertreter aus allen mit der Wohnungsnotfallproblematik befassten Organisationen angehören (Kommunen, Landschaftsverbände, Wohnungswirtschaft, freie Träger der Wohnungsnotfallhilfe, Ministerien, Fachverbände, Jobcenter etc.).

Die Neuausrichtung des Aktionsprogramms unter dem aktuellen Titel „Hilfen in Wohnungsnotfällen“ im Januar 2016 dient der strategischen Schärfung des Programms, das in seinen Grundelementen und im Förderumfang erhalten bleibt, aber in einzelnen Punkten vor dem Hintergrund der bisherigen Erfahrungen und der beschriebenen Herausforderungen neu justiert wurde.

Das Aktionsprogramm bezieht sich innerhalb der weiter gefassten Zielgruppe der Wohnungsnotfälle auf unmittelbar von Wohnungslosigkeit bedrohte und betroffene Haushalte und Personen. Nach den übereinstimmenden Definitionen des von der Bundesregierung geförderten Forschungsverbunds „Wohnungslosigkeit und Hilfen in Wohnungsnotfällen“3) sowie der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe4), die wiederum eng an die Definition des Deutschen Städtetages5) anknüpfen, handelt es sich bei Wohnungsnotfällen um „Haushalte und Personen mit einem Wohnungsbedarf von hoher Dringlichkeit, die aufgrund von besonderen Zugangsproblemen (finanzieller und/oder nicht finanzieller Art) zum Wohnungsmarkt der besonderen institutionellen Unterstützung zur Erlangung und zum Erhalt von angemessenem Wohnraum bedürfen“.

Außer den Haushalten und Personen, die von Wohnungslosigkeit unmittelbar bedroht oder aktuell betroffen sind, gehören auch diejenigen, die zuvor von Wohnungslosigkeit bedroht oder betroffen waren und nach Reintegration in Normalwohnraum weiterhin wohnbegleitender Hilfen bedürfen, zu den Zielgruppen des Aktionsprogramms.

Um die Parallelität zu dem Begriff der Lebenslage aufzugreifen, kann bei den Wohnungsnotfällen auch von „Menschen in Wohnungsnotlagen“ gesprochen werden, die Begriffe können synonym verwendet werden.

Die Zielgruppen des Aktionsprogramms:

1. Personen und Haushalte, die aktuell von Wohnungslosigkeit betroffen sind, darunter

1.1 ohne eigene mietrechtlich abgesicherte Wohnung (oder Wohneigentum) und nicht institutionell untergebracht, darunter:

  • ohne jegliche Unterkunft
  • in Behelfsunterkünften (wie Baracken, Wohnwagen, Gartenlauben etc.)
  • vorübergehend bei Freunden, Bekannten und Verwandten untergekommen
  • vorübergehend auf eigene Kosten in gewerbsmäßiger Behelfsunterkunft lebend (z.B. in Hotels oder Pensionen)

1.2 ohne eigene mietrechtlich abgesicherte Wohnung (oder Wohneigentum), aber institutionell untergebracht, darunter:

  • per Verfügung, (Wieder-)Einweisung oder sonstiger Maßnahme der Obdachlosenaufsicht untergebracht (ordnungsrechtlich untergebrachte Wohnungsnotfälle)
  • mit Kostenübernahme nach Sozialgesetzbuch – SGB II oder SGB XII – vorübergehend in Behelfs- bzw. Notunterkünften oder sozialen Einrichtungen untergebracht (durch Maßnahmen der Mindestsicherungssysteme untergebrachte Wohnungsnotfälle)
  • mangels Wohnung in sozialen oder therapeutischen Einrichtungen länger als notwendig untergebracht (Zeitpunkt der Entlassung unbestimmt) bzw. die Entlassung aus einer sozialen oder therapeutischen Einrichtung oder aus dem Strafvollzug steht unmittelbar bevor (innerhalb eines Zeitraums von vier Wochen) und es ist keine Wohnung verfügbar

2. Personen und Haushalte, die unmittelbar von Wohnungslosigkeit bedroht sind, weil

2.1 der Verlust der derzeitigen Wohnung unmittelbar bevorsteht wegen Kündigung der Vermieterin/des Vermieters, einer Räumungsklage (auch mit nicht vollstrecktem Räumungstitel) oder einer Zwangsräumung

2.2 der Verlust der derzeitigen Wohnung aus sonstigen zwingenden Gründen unmittelbar bevorsteht (z.B. aufgrund von eskalierten sozialen Konflikten, gewaltgeprägten Lebensumständen oder wegen Abbruchs des Hauses)

3. Personen und Haushalte, die ehemals von Wohnungslosigkeit betroffen oder bedroht waren, mit Normalwohnraum versorgt wurden und auf Unterstützung zur Prävention von erneutem Wohnungsverlust angewiesen sind, darunter

3.1 in spezifischer institutionell geregelter, zeitlich begrenzter Nachbetreuung (Maßnahmen der persönlichen Hilfe in Wohnungen, sog. „Betreutes Wohnen“)

3.2 ohne institutionell geregelte Nachbetreuung, aber mit besonderem – punktuellem, partiellem oder umfassendem – Unterstützungsbedarf zur dauerhaften Wohnungsversorgung (wohnergänzende Unterstützung)

Hinweis: Diese Zielgruppen des Aktionsprogramms sind identisch mit den Gruppen A, B und E der Wohnungsnotfall-Definition des Forschungsverbunds „Wohnungslosigkeit und Hilfen in Wohnungsnotfällen“ und der BAG-Wohnungslosenhilfe

Die besonderen inhaltlichen Schwerpunkte des Aktionsprogramms wurden weiter oben bereits aufgezeigt.

Ziel dieser Maßnahmen auf lokaler Ebene sollte immer sein, Wohnungslosigkeit zu vermeiden und zu beheben und damit die Zahl der Wohnungslosen zu verringern, auch wenn nicht alle Faktoren (Zuzug von Wohnungslosen, Entwicklung am Wohnungsmarkt) auf lokaler Ebene beeinflussbar sind.

Die Aktivitäten des Landes, die im Rahmen des Aktionsprogramms ergriffen werden, lassen sich in vier Bereiche unterteilen, die im Folgenden näher erläutert werden:

  • Förderung beispielgebender Projekte und Förderung von Projektberatung,
  • integrierte Wohnungsnotfallberichterstattung,
  • Forschung,
  • Öffentlichkeitsarbeit und Informationsvermittlung.

2.1 Förderung beispielgebender Projekte und Förderung von Projektberatung

Die Förderung von beispielgebenden Projekten wird verstärkt auf die drei genannten Schwerpunkte (Prävention, Integration in Normalwohnraum, wohnbegleitende Unterstützungsleistungen) ausgerichtet. Die Ziele werden besonders gut im Rahmen integrierter Gesamthilfesysteme auf lokaler oder regionaler Ebene bearbeitet, die durch das Aktionsprogramm gefördert werden. Es werden aber auch Projekte in eher traditionellen Strukturen gefördert. Mit der Förderung von Modellprojekten aus dem Aktionsprogramm „Hilfen in Wohnungsnotfällen“ sollen Kommunen, Träger der freien Wohlfahrtspflege und private Träger dazu befähigt werden, die Wohnungsnotfallhilfe in eigener Verantwortung weiterzuentwickeln und sie zum integralen Bestandteil der kommunalen Wohnungs- und Sozialpolitik zu machen.

Um eine sinnvolle inhaltliche Schwerpunktsetzung in der Projektförderung zu garantieren, bleibt es dem MAGS vorbehalten, bei Bedarf eine entsprechende Steuerung vorzunehmen. Ziel hierbei ist es, Projekte mit gleichgelagerten Schwerpunkten (Prävention, Wohnungsbeschaffung, wohnbegleitende Hilfen) nur dann parallel zu fördern, wenn sie sich inhaltlich deutlich voneinander unterscheiden.

Das übergeordnete Ziel einer Reduzierung von Wohnungslosigkeit im Rahmen des vor Ort Möglichen muss in den Projektanträgen deutlich zum Ausdruck kommen und entsprechend operationalisiert werden.

Auch künftig können experimentelle Ansätze gefördert werden, die zur Lösung eines relevanten Problems der Wohnungsnotfallhilfe beitragen sollen, welches nicht von den drei genannten Handlungsfeldern (Prävention, Wohnraumbeschaffung, wohnbegleitende Hilfen) abgedeckt wird.

Die geförderten Projekte werden durchweg im Rahmen einer externen Evaluation von einem fachlich ausgewiesenen Forschungsinstitut evaluiert.

Neben längerfristigen Projekten (mit einer Förderdauer von zwei, höchstens drei Jahren) werden auch kürzere Beratungen von Trägern bei der Entwicklung, Umsetzung und Wirkungsmessung von Projekten gefördert.

Genaueres wird weiter unten in den Fördergrundsätzen ausgeführt.

2.2 Integrierte Wohnungsnotfallberichterstattung

In Nordrhein-Westfalen wurden seit 1965 jährlich die von den Kommunen im Rahmen der Obdachlosenaufsicht nach dem Ordnungsbehördengesetz untergebrachten Wohnungslosen in Nordrhein-Westfalen erhoben hatte. Ab dem Jahr 2011 wurde diese Statistik erweitert um eine Erhebung bei den freien Trägern der Wohnungslosenhilfe, um zu dokumentieren, wie viele Wohnungslose am selben Stichtag (30. Juni jedes Jahres) dort untergebracht bzw. bei ambulanten Beratungsstellen anhängig waren. Die Ergebnisse beider Erhebungen durch den Landesbetrieb Information und Technik Nordrhein-Westfalen (IT.NRW) werden seit 2011 jedes Jahr im Rahmen einer Integrierten Wohnungsnotfallberichterstattung veröffentlicht.6) Mit dieser Berichterstattung, die auch über wesentliche Merkmale der Wohnungslosen (Alter, Geschlecht, Haushaltsgröße und -struktur, Migrationshintergrund, Art und Dauer der Unterbringung sowie die regionale Verteilung) Auskunft gibt, hat das Land Nordrhein-Westfalen bundesweit eine Vorreiterrolle eingenommen. Die regelmäßige Berichterstattung wird fortgeführt, und es wird zu prüfen sein, ob und wie die Integrierte Wohnungsnotfallberichterstattung künftig auch die von Wohnungslosigkeit bedrohten Haushalte und Personen (Präventionsfälle) einschließen kann.

Die Durchführung der Integrierten Wohnungsnotfallberichterstattung erfolgt in enger Zusammenarbeit zwischen IT.NRW und dem MAGS Nordrhein-Westfalen.

2.3 Forschung

Auch die Förderung von Forschung zu aktuellen Fragestellungen der Wohnungsnotfallhilfe gehört zu den Aufgaben des Aktionsprogramms. Die Fragestellungen werden im Rahmen der Koordinierungsgruppe beraten, und das Ministerium beauftragt ausgewiesene Forschungsinstitute mit der Durchführung. Bislang wurden beispielsweise Forschungsprojekte zur Situation von Wohnungslosen mit Migrationshintergrund7) und zur Prävention von Wohnungslosigkeit in Nordrhein-Westfalen8) in Auftrag gegeben und durchgeführt. Im Rahmen des Aktionsprogramms wurden auch Erhebungen zur Situation wohnungsloser junger Menschen unter 25 Jahren und zur „Südosteuropäischen Elendsmigration in Köln“9) gefördert.

Geplant sind unter anderem Untersuchungen zur Verbesserung der Zugangsbedingungen und zur Beschaffung von normalem und dauerhaftem Wohnraum für Wohnungslose sowie zur Realisierung einer Datenerhebung von Präventionsfällen.

Die Vergabe von Forschungsprojekten und -aufträgen erfolgt nach den einschlägigen Bestimmungen der Landeshaushaltsordnung Nordrhein-Westfalen (LHO) sowie nach den Vorschriften des Vergaberechts des Landes Nordrhein-Westfalen (VOB und VOL).

2.4 Öffentlichkeitsarbeit und Informationsvermittlung

Im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit und der Informationsvermittlung umfasst das Aktionsprogramm unter anderem die folgenden Aktivitäten:

In themenzentrierten Workshops mit begrenzter Zahl von eingeladenen Fachleuten werden bedeutsame Fragestellungen und neue Herausforderungen der Wohnungsnotfallhilfe diskutiert und Anregungen für das Aktionsprogramm gesammelt. Die ganztägigen Veranstaltungen greifen aktuelle Themen auf, ermöglichen fachlichen Input und eine offene Diskussion über Lösungsansätze und Anforderungen an das Aktionsprogramm. Auch der einmal jährlich stattfindende Erfahrungsaustausch aller geförderten Projekte behandelt neben der gegenseitigen Information über den Stand der Vorhaben jeweils ein relevantes Schwerpunktthema.

Transferworkshops dienen der Verbreitung von Erfahrungen und beispielgebenden Erkenntnissen aus einzelnen Projekten, die im Rahmen des Aktionsprogramms gefördert wurden. Sie sind ähnlich organisiert wie die themenzentrierten Workshops, gegebenenfalls aber einer größeren Zahl von Eingeladenen zugänglich.

Öffentliche Veranstaltungen sind in der Regel offen für alle Interessierten und dienen beispielsweise der Verbreitung von Forschungsergebnissen oder der Präsentation von beispielgebenden Ansätzen der Wohnungsnotfallhilfe für eine breitere (Fach-)Öffentlichkeit.

Neben diesen verschiedenen Typen der internen und öffentlichen Informationsvermittlung im Rahmen von Workshops und Veranstaltungen umfasst die Öffentlichkeitsarbeit zum Aktionsprogramm auch den Internetauftritt (mit Projektdatenbank, aktuellen Ergebnissen der Forschung und der Wohnungsnotfallberichterstattung, Projektberichten sowie weitergehenden Informationen, unter anderem auch zur Antragstellung auf Projektförderung), die Herausgabe von Broschüren und Publikationen (beispielsweise zu den Ergebnissen der Forschung und der Statistik, Handreichungen zur Verbreitung positiver Ansätze und Hilfestandards), Besuche des Ministeriums bei geförderten Projekten und vieles mehr.

Die Öffentlichkeitsarbeit verfolgt auch das Ziel, die Öffentlichkeit für die Wohnungsnotfallproblematik zu sensibilisieren, den Transfer von Projekterfahrungen und beispielgebenden Ansätzen zu fördern, Standards der Hilfe zu verankern und Anregungen für die Optimierung der lokalen Wohnungsnotfallhilfen und die Schaffung integrierter Gesamthilfesysteme zu geben. Dazu wurden/werden unter anderem ein Handbuch Hilfen in Wohnungsnotfällen mit finanziellen Mitteln des Ministeriums gefördert sowie eine Praxishilfe „Wohnungsnotfallhilfen vorausschauend planen und präventiv handeln“ für Kommunen und freie Träger der Wohlfahrtspflege in NRW zur Organisation präventiver Hilfen und von Maßnahmen der Wohnraumbeschaffung erarbeitet und vom Ministerium herausgegeben.

Künftig werden auch ausgewählte Abschlussberichte geförderter Projekte online verfügbar sein.

3. Projektförderung, Fördergrundsätze

3.1 Förderschwerpunkte

3.1.1 Prävention

Vorbeugung und präventive Konzepte in allen Bereichen sind wesentliche Bestandteile der Politik der Landesregierung Nordrhein-Westfalens. Bereits in der Vergangenheit ist im Rahmen der Landesprogramme viel unternommen worden, um die Prävention von drohender Wohnungslosigkeit zu verbessern und eine Optimierung der Organisationsformen präventiver Aktivitäten auf kommunaler Ebene zu erreichen. Dazu gehörten die Förderung von Aufbau und Entwicklung zentraler kommunaler Fachstellen zur Vermeidung und Behebung von Wohnungslosigkeit, ihre Erweiterung in kommunale Gesamthilfesysteme unter Einbindung präventiver Aktivitäten von freien Trägern der Wohnungslosenhilfe, die Förderung von Gesamthilfekonzepten im ländlichen Raum, die Weiterentwicklung der sozialraumorientierten Prävention, konsequent aufsuchende Mieterberatung und vieles mehr. Gefördert wurden nicht nur beispielgebende Projekte, sondern auch Handreichungen, Projektevaluationen und -beratung sowie Forschungsprojekte zur Präventionsthematik.

Das Thema Prävention steht auch weiterhin ganz oben auf der Agenda des Aktionsprogramms. Ein wichtiger Aspekt in diesem Kontext ist die Vermeidung der Entlassung aus Haft, Therapie, Klinik und anderen Institutionen in die Wohnungslosigkeit. Auch bei der Vermeidung von Wohnungslosigkeit von jungen Menschen, sei es nach Beendigung von Jugendhilfemaßnahmen, sei es nach dem Auszug aus dem Elternhaus und Entlassung aus Institutionen, besteht noch eindeutig Verbesserungsbedarf. Gleiches gilt für die erhebliche Zahl von Fällen, bei denen Wohnungslosigkeit nach einer Trennung oder Scheidung entsteht. Die demografische Entwicklung verweist auf den zunehmenden Anteil von Alleinstehenden und älteren Menschen, die bei der Prävention angemessen Berücksichtigung finden müssen. Die Organisation effektiver Präventionssysteme (noch besser von Gesamthilfesystemen, die alle Aufgaben der Wohnungsnotfallhilfe abdecken) steht in eher ländlich geprägten Kreisen vor besonderen Herausforderungen, nicht zuletzt wegen der langen Wege, der Zahl der zu beteiligenden lokalen Akteure und der vergleichsweise geringen Fallzahlen in kleineren Orten. Eine gute Einbindung lokaler Jobcenter – bei denen der Auftrag der Reintegration ins Erwerbsleben im Vordergrund steht – in die Prävention von Wohnungslosigkeit ist ein weiterer Bereich, in dem noch beispielgebende Maßnahmen erprobt werden sollten.

Voraussetzungen für die Förderung sind eine genaue Analyse der bestehenden Hilfestrukturen und konkrete Angaben zu den geplanten Schritten für eine Optimierung der Prävention von Wohnungslosigkeit. Es sollte aufgezeigt werden, wie die Zusammenarbeit vor Ort oder in der Region verbessert und die künftige Verteilung von Aufgaben und Entscheidungskompetenzen gestaltet und wie der Zugang zu regulärem Wohnraum gesichert werden soll. Auch das geplante Controlling der Maßnahmen und der Zielerreichung ist aufzuzeigen.

3.1.2 Wohnungsbeschaffung

Kommunen, Wohnungswirtschaft und die Träger der freien Wohlfahrtspflege sind aktuell mit einer Vielzahl von Haushalten mit Wohnungsnotfallproblematik konfrontiert, die neben ihrer aktuellen Notlage oft auch noch weitere Problemlagen aufweisen (Überschuldung und „Schufa-Eintrag“, Arbeitslosigkeit und Bezug von Mindestsicherungsleistungen, Zuwanderungsgeschichte, Suchtkrankheit, psychische Erkrankung, Behinderung usw.). Der Bezug einer dauerhaften und bezahlbaren Mietwohnung ist für diese Haushalte die Grundvoraussetzung für eine menschenwürdige Existenz und der erste Schritt zur weitergehenden sozialen Integration.

Die den Kommunen zur Verfügung stehenden Instrumente sind aber oft nicht ausreichend, um Wohnungsnotfälle oder allgemein einkommensarme Haushalte in angemessenen, regulären Wohnraum zu vermitteln. Gerade diejenigen, die weitere Problemlagen aufweisen, stoßen bei der Wohnungssuche auf schier unüberwindbar erscheinende Zugangsbarrieren. Für die sozialen Träger der Wohnungslosenhilfe machen diese Barrieren eine erfolgreiche soziale Arbeit, die auf eine Stabilisierung und Normalisierung der Lebensverhältnisse ihrer Klientel abzielt, überaus schwierig, wenn nicht sogar unmöglich. Mit zunehmender Anspannung der Wohnungsmärkte verschärft sich auch die Ausgrenzung von Wohnungsnotfällen aus diesen Märkten und es droht ein erneuter Ausbau von Notmaßnahmen, „Provisorien“ und Sonderwohnformen, die sich in der Vergangenheit als teuer, ineffektiv und langlebig erwiesen haben. Es besteht daher deutlicher Bedarf an der Entwicklung von Strategien und Maßnahmen, um in Wohnungsnotfällen den Zugang zu dauerhaft gesichertem Normalwohnraum zu erleichtern.

Die denkbaren Ansätze zur Wohnraumbeschaffung für wohnungslose und von Wohnungslosigkeit bedrohte Haushalte sind vielfältig und förderungswürdig. Sie reichen von Verträgen mit der Wohnungswirtschaft über die Schaffung von Belegungsrechten durch Neubau, Umbau, Renovierung und Ankauf (durch Kommunen, aber auch durch freie Träger und andere denkbare Akteure) bis hin zu Zwischenvermietung, dem Aufbau von Wohnungsvermittlungsdiensten, der Gründung von sozialen Wohnraumhilfen, Stiftungen etc.

Um eine systematische, dauerhafte, dezentrale, sozial begleitete und finanzierbare Wohnungsversorgung für Wohnungsnotfälle sicherzustellen, werden Projekte zur Wohnraumbeschaffung gefördert, bei denen durch aktive und gezielte Strategien zusätzlicher und zuvor nicht für die Zielgruppe verfügbarer Normalwohnraum für Wohnungslose und von Wohnungslosigkeit bedrohte Haushalte erschlossen wird. Ziel ist es, zusätzlichen Wohnraum – gerade auch auf dem freien und privat vermieteten Wohnungsmarkt – zu akquirieren, die Vermittlungsbarrieren der Wohnungssuchenden zu reduzieren und sie mit angemessenem Normalwohnraum zu regulären mietrechtlichen Bedingungen dauerhaft zu versorgen.

Gefördert werden im Rahmen dieses Aktionsprogramms die Aufwendungen für die Projektkoordination und weitere projektbezogene Kosten, nicht jedoch investive Aufwendungen im Baubereich. Es sind konkrete Planungen vom Antragsteller zu erarbeiten, wie viel Wohnraum für wie viele Personen in welchem Zeitraum über diesen Weg realistischerweise erschlossen werden soll. Die Zusammenarbeit mit dem System der Wohnungsnotfallhilfen und der Wohnungswirtschaft muss im Einzelnen dargestellt werden. Ebenso muss ersichtlich sein, wie der erschlossene Wohnraum für Wohnungsnotfälle langfristig gesichert werden kann.

3.1.3 Wohnbegleitende Hilfen

Nach der Integration von Wohnungslosen in normalen Wohnraum, aber auch nach einer Krisenintervention bei drohendem Wohnungsverlust benötigt ein Teil der betroffenen Personen aufsuchende, wohnbegleitende Unterstützungsleistungen, um das Wohnverhältnis dauerhaft abzusichern und fortbestehende Problemlagen zu bearbeiten. Zielgruppe sind Haushalte, die vor dem Hintergrund ihrer Wohnbiografie und aktueller sozialer Schwierigkeiten Probleme haben, eigenen Wohnraum zu sichern und voraussichtlich nicht allein durch finanzielle Leistungen und die Wohnungsvermittlung dauerhaft in Normalwohnraum reintegriert werden können.

Während die wohnbegleitenden Unterstützungsleistungen im Einzelfall durch Leistungen der Landschaftsverbände für Hilfen zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten (Leistungstyp „Ambulant Betreutes Wohnen“) abgedeckt werden können, bezieht sich die Förderung des Landes auf die beispielgebende Organisation und Koordination wohnbegleitender Unterstützungsleistungen für bislang noch unzureichend berücksichtigte Zielgruppen außerhalb der Regelleistungen nach SGB XII. Auch Projekte zur Erprobung des „Housing-First“-Ansatzes für Langzeitwohnungslose mit komplexen Problemlagen können im Rahmen des Aktionsprogramms gefördert werden.

Fördervoraussetzung ist ein schlüssiges Umsetzungskonzept, das auch die Bedarfslagen der Zielgruppe und die Notwendigkeit der Projektkoordination aufzeigt. Die Zugangsmöglichkeiten der Zielgruppe zu dauerhaftem und angemessenem Normalwohnraum sind nachzuweisen und es sollten wohnbegleitende Unterstützungsleistungen für eine (im Projektzusammenhang zu begründende) Mindestanzahl von ehemals von Wohnungslosigkeit bedrohten oder betroffenen Haushalten an unterschiedlichen Orten organisiert und koordiniert werden. Ist der Abbau von Plätzen in stationären Einrichtungen oder Obdachlosenunterkünften geplant, so ist dieser konkret zu beziffern und nachzuweisen.

3.1.4 Experimentelle Ansätze

Bei der Weiterentwicklung der Wohnungsnotfallhilfe treten immer wieder unvorhergesehene Probleme und Herausforderungen auf, es müssen Hilfen für bislang unberücksichtigte (oder nicht erreichte) Zielgruppen entwickelt werden oder es gibt Anregungen, beispielsweise aus dem Ausland, deren Implementierung vor Ort Sinn machen würde. Das Aktionsprogramm ist hinreichend flexibel, um auf solche Entwicklungen zu reagieren und sinnvolle Projektanträge fördern zu können.

Daher ist vorgesehen, dass neben Projekten zu den oben genannten Förderschwerpunkten auch experimentelle Ansätze gefördert werden können, die für die Weiterentwicklung der Wohnungsnotfallhilfe von herausragender Relevanz sind und beispielgebenden Charakter haben können.

Es gehört zu den Voraussetzungen einer Förderung solcher experimenteller Ansätze, dass der Träger über ausgewiesene Erfahrungen in der Wohnungsnotfallhilfe verfügt und ein auf die örtliche Situation bezogenes Konzept vorlegt. Eine Integration in das bestehende Hilfesystem muss sichergestellt, Kooperationen zu angrenzenden Hilfebereichen müssen verbindlich geregelt sein.

3.1.5 Projektberatung

Das Angebot zur Förderung von Beratungsprojekten richtet sich an Kommunen, Träger der freien Wohlfahrtspflege und private Träger, die bei Planung, Entwicklung und Umsetzung neuer Maßnahmen der Wohnungsnotfallhilfe Beratung in Anspruch nehmen möchten.

Es werden unterschiedliche Formen und Module einer Projektberatung gefördert: Kurzberatungen zur Lösung eines aktuellen Problems in der Wohnungsnotfallhilfe umfassen lediglich einige wenige Beratungstage. Beratungen zur Umsetzbarkeit von längerfristigen Projekten und zur Schaffung der Grundvoraussetzungen für einen Projektförderantrag in einem der zuvor genannten Förderschwerpunkte können dagegen etwas umfangreicher sein und mehr Beratungstage in Anspruch nehmen. Die Beratungen können unter anderem dazu genutzt werden, lokale Hilfesysteme oder einzelne Hilfesegmente einer Stärken-/Schwächenanalyse zu unterziehen, vorhandene Projektideen zu konkretisieren, lokale Kooperations- und Vernetzungsstrukturen anzubahnen und umzusetzen, zielgenaue und effektive Steuerungsstrukturen der Wohnungsnotfallhilfe zu entwickeln, Indikatoren für die Wirkungsmessung zu erarbeiten sowie Informationen über bereits bewährte Handlungsstrategien und Konzepte in den oben genannten Schwerpunktbereichen zu vermitteln.

Die Beratung kann sich sowohl auf die Umsetzung von Projekten beziehen als auch auf die Aufbereitung spezifischer Fragestellungen im Nachgang des geförderten Projektes.

Die Gesamtkosten der Beratung dürfen maximal 16.000 EUR betragen (es gelten die unter 3.2 beschriebenen Eigenanteilsregelungen sowie die durch die Landeshaushaltsordnung festgelegten Mindestbeträge für Zuwendungen).

Förderfähig sind ausschließlich Beratungen fachlich ausgewiesener Institute (wissenschaftliche Begleitung).10) Es muss ein entsprechendes Angebot mit Darstellung des Beratungsaufwands und der Beratungsinhalte vorliegen. Bei Beauftragung externer Dienstleister sind die Landeshaushaltsordnung sowie die Vergabevorschriften des Landes Nordrhein-Westfalen zu beachten (z.B. die Einholung mehrerer Angebote bei externer Beratung/Evaluation). Telefonische Beratungen sind nicht förderfähig. Voraussetzung für die Förderung ist ein entsprechender Antrag einer Kommune, eines Trägers der freien Wohlfahrtspflege oder eines privaten Trägers beim MAIS, verbunden mit einem Angebot eines externen Instituts. Die Beratung muss spätestens zwei Monate nach Förderzusage beginnen. Um eine zeitnahe Bewilligung zu gewährleisten, wird die Koordinierungsgruppe bei Entscheidungen über Beratungsprojekte nicht einbezogen.

3.2 Rahmenbedingungen der Förderung

Es werden nur Projekte gefördert, die auf vorhandenen Angeboten oder Strukturen aufbauen und deren Effektivität und Effizienz verbessern. Das bestehende örtliche Hilfesystem in Wohnungsnotfällen, die vorhandenen Kooperationsstrukturen und die geplanten Schritte zu ihrer Optimierung sind darzustellen. Es muss aufgezeigt werden, in welcher Weise die Projekte zu einer Reduzierung von Wohnungslosigkeit bei der im Fokus stehenden Zielgruppe beitragen sollen.

Die Laufzeit der Projekte ist auf zwei, maximal drei Jahre zu befristen. Für Beratungsprojekte beträgt die maximale Laufzeit ein Jahr mit einer begrenzten Zahl von Beratungstagen.

Die Bedarfslagen der unterschiedlichen Zielgruppen der Wohnungsnotfallhilfe sind bei allen Maßnahmen angemessen zu berücksichtigen.

Die Bewilligung der beantragten Fördermittel orientiert sich an

  • der Schlüssigkeit der vorgelegten Projektskizze,
  • der mit dem Projekt angestrebten strukturellen Verbesserung des Hilfeangebots,
  • der Übertragbarkeit der Handlungsansätze,
  • einem schlüssigen Evaluationskonzept sowie
  • dem beispielgebenden Charakter des Projekts im Sinne der generellen Zielsetzung des Aktionsprogramms (Reduzierung von Wohnungslosigkeit).

Die angestrebte Zielerreichung ist in der Projektskizze mit Meilensteinen11) zu unterlegen. Die Anzahl der Meilensteine ist nicht beschränkt.

Eine Perspektive für die Verstetigung der Projektansätze nach Auslaufen der Förderung ist frühzeitig in den Blick zu nehmen und im Projektantrag bereits zu beschreiben. Geplante Ansätze zur Öffentlichkeitsarbeit sollten ebenfalls im Projektantrag dargelegt werden.

Der Ergebnistransfer ist im Rahmen des Programms von besonderer Bedeutung. Konzepte, Erfahrungen, Lösungsansätze und Produkte der Projekte sollen auf andere Regionen übertragen und für andere Träger nutzbar gemacht werden. Ziel ist ein zeit- und praxisnaher Transfer der Erkenntnisse aus Projektentwicklung und -umsetzung in andere Regionen Nordrhein-Westfalens. Dazu dienen unter anderem auch die verpflichtende Teilnahme an dem jährlich stattfindenden Erfahrungsaustausch der geförderten Projekte, die Evaluation sowie die zum Abschluss des Projekts vorzulegende Projektdokumentation (s.u.).

Die Projektförderung erfolgt im Rahmen und nach Maßgabe der Landeshaushaltsordnung Nordrhein-Westfalen (LHO).

Hiernach sollen Zuwendungen an den außergemeindlichen Bereich nur bewilligt werden, wenn die Zuwendung im Einzelfall mehr als 2.000 EUR beträgt. Zuwendungen an Gemeinden sollen nur bewilligt werden, wenn die Zuwendung im Einzelfall mehr als 12.500 EUR beträgt (vgl. Ziffer 1.1 der VV bzw. VVG zu § 44 LHO).

Der Zuwendungsempfänger hat einen Eigenanteil von 10% (bei nicht kommunalen Trägern) bzw. mindestens 20% (bei kommunalen Trägern) zu erbringen (vgl. Nr. 2.2 der VV bzw. 2.4 der VVG zu § 44 LHO).

Dabei können im Rahmen bürgerschaftlichen Engagements erbrachte Arbeitsleistungen bei der Ermittlung der zuwendungsfähigen Gesamtausgaben eines geförderten Vorhabens gemäß des Runderlasses des MAIS vom 18.06.2012 berücksichtigt werden (RdErl. d. Ministeriums für Arbeit, Integration und Soziales – I1 (BdH) 2602 v. 18.6.2012).12)

Die zuwendungsfähigen Förderschwerpunkte sind unter Ziffer 3.1 im Einzelnen dargelegt. Es werden möglichst wenige Einschränkungen bei der Wahl der Mittel zur Erreichung der angestrebten Ziele vorgegeben, um den notwendigen Freiraum für experimentelle Ansätze zu ermöglichen.

3.3 Verfahrensablauf und Antragstellung

Es wird ein einfaches und transparentes Verfahren der Antragstellung und der Bewilligung angestrebt, um eine zügige Abwicklung zu erreichen. Die Anträge werden in der Koordinierungsgruppe des Aktionsprogramms „Hilfen in Wohnungsnotfällen“, die zweimal jährlich tagt, inhaltlich beraten (Ausnahme: Beratungsprojekte). Um neue Anträge zeitnah in den Sitzungen der Koordinierungsgruppe beraten zu können (siehe auch Ziffer 3.2), sind die Anträge im jeweiligen Haushaltsjahr bis zum 31. Januar bzw. 31. Juli beim MAGS Nordrhein-Westfalen (Referat Grundsatzfragen Soziales) einzureichen. Nach Prüfung durch das MAGS sind die Anträge ebenso der Bezirksregierung Düsseldorf einzureichen; hierzu ergeht eine gesonderte Aufforderung. Für die Antragstellungen ist die Verwendung der Antragsvordrucke zwingend erforderlich. Sie werden in elektronischer und beschreibbarer Form im Internet zum Download angeboten:

Vordrucke MAGS:
www.mags.nrw/hilfe-bei-wohnungslosigkeit

Vordrucke Bezirksregierung Düsseldorf:
www.brd.nrw.de/[...]

Das MAGS Nordrhein-Westfalen entscheidet in Zusammenarbeit mit der Bezirksregierung Düsseldorf als zuständige Bewilligungsbehörde über die Anträge. Der Bezirksregierung Düsseldorf obliegt insbesondere die Überprüfung der formalen und zuwendungsrechtlichen Voraussetzungen sowie die Erteilung des Zuwendungsbescheides.

Zusätzlich ist eine Projektskizze einzureichen, die Angaben zu folgenden Aspekten enthalten muss:

1. Konkrete Angaben zur Zielsetzung des Projekts

2. Notwendigkeit des Projekts

3. Nutzen des Projekts für die Zielgruppe

4. Struktur der Zielgruppe

5. Art und Grad der Vernetzung

6. Partizipation von Betroffenen bei Projektplanung und -durchführung

7. Angaben zur zeitlichen Abfolge der Projektschritte/-teilziele (u.a. Formulierung von Meilensteinen)

8. Nutzung von Erfahrungen aus anderen Projekten

9. Fachliche Begründung der Vorgehensweise

10. Angemessenheit der finanziellen und personellen Ressourcen

11. Adäquate Projektorganisation

12. Transfer der Projektergebnisse

13. Evaluation

14. Nachhaltigkeit

3.4 Evaluation

Die Träger führen eine Projektevaluation in Eigenregie durch oder beauftragen ein fachlich ausgewiesenes Institut13) mit einer externen Evaluation des Projektverlaufs und seiner Ergebnisse. Dabei sind auch die im Projektantrag dargestellten Ziele und Meilensteine zu berücksichtigen. Die Kosten einer externen Evaluation sind im Förderantrag mit zu beantragen.

Bei auftretenden Schwierigkeiten bei der Implementierung des Projekts und der Evaluation, bei relevanten Änderungen des Projektdesigns, absehbaren Problemen bei angestrebten Kooperationen sowie bei der Erreichung der Projektziele oder einzelner Meilensteine ist das MAGS Nordrhein-Westfalen frühzeitig zu informieren. In vielen Fällen kann das Ministerium bei der Lösung sich abzeichnender Probleme Unterstützung leisten.

3.5 Berichtswesen

Für alle mehrjährigen Modellprojekte erstellen die Projektträger auf Grundlage der Evaluationsergebnisse und weiterer projektrelevanter Materialien einen Zwischenbericht sowie einen publikationsfähigen Abschlussbericht. Diese Berichte sind innerhalb eines angemessenen Zeitrahmens sowohl beim MAGS Nordrhein-Westfalen als auch bei der Bezirksregierung Düsseldorf einzureichen.

Der Bericht dient unter anderem dem Transfer der Projekterfahrungen. Es ist daher besonderer Wert auf eine klare Darstellung der lokalen Bedingungen und die Übertragbarkeit der Lösungsansätze auf andere Orte und Regionen zu legen.

Für Beratungsprojekte ist ausschließlich ein Abschlussbericht zu erstellen. Auch dieser ist beim MAGS sowie bei der Bezirksregierung Düsseldorf einzureichen. Auf einen Zwischenbericht wird aufgrund der Kürze der Projektlaufzeit verzichtet.

Außerdem sind ein Stammblatt mit den wesentlichen Projektinhalten zu Beginn des Projekts sowie ein Datenblatt zum Abschluss des Projektes mit knappen Angaben zu den Projektergebnissen auszufüllen, die als Kurzinformation ins Internet gestellt werden. Die entsprechenden Formulare werden ebenfalls mit der Bewilligung zur Verfügung gestellt.

Zur Sicherstellung eines einheitlichen Designs werden den Projektträgern Richtlinien zur Erstellung der Berichte mit der Bewilligung zur Verfügung gestellt, die entsprechend zu beachten sind.

                        

1) Siehe Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe Statistikbericht 2015, Tabellenband, Tabelle zu Wohnwünschen, S. 7; Download unter: www.bagw.de/de/themen/statistik_und_dokumentation/statistikberichte/index.html

2) „Housing First“ bezeichnet einen Projektansatz, bei dem auch Wohnungslose mit komplexen Problemlagen (Sucht, psychische Probleme) und Unterstützungsbedarf ohne Zwischenstufen und Anforderungen an die Erlangung von „Wohnfähigkeit“ schnellstmöglich in normalen Individualwohnraum mit Mietvertrag vermittelt werden und bedarfsgerechte wohnbegleitende Hilfen angeboten bekommen. Vgl. Busch-Geertsema, Volker (2013), Housing First Europe. Ein europäisches Pilotprojekt zur Behebung von Wohnungslosigkeit bei Personen in komplexen Problemlagen, in: Nachrichtendienst des Deutschen Vereins, November 2013, S. 503–509.

3) GISS/GSF/IWU (2005), Gesellschaft für innovative Sozialforschung und Sozialplanung Bremen e.V., Gesellschaft für sozialwissenschaftliche Frauenforschung Frankfurt, e.V., Institut Wohnen und Umwelt GmbH, Darmstadt: Forschungsverbund Wohnungslosigkeit und Hilfen in Wohnungsnotfällen – Gesamtbericht, download unter www.bagw.de

4) BAG W, Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe (Hg.; 2011a), Wohnungsnotfalldefinition der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe, Positionspapier, download unter www.bag-wohnungslosenhilfe.de/de/publikationen/pos-pap/position_wohnen.html

5) DST, Deutscher Städtetag (Hg.; 1987), Sicherung der Wohnungsversorgung in Wohnungsnotfällen und Verbesserung der Lebensbedingungen in sozialen Brennpunkten – Empfehlungen und Hinweise, Reihe D, DST-Beiträge zur Sozialpolitik, Heft 21, Köln

6) Die jährlich erscheinenden Publikationen der Integrierten Wohnungsnotfallberichterstattung finden sich allgemein unter
www.mags.nrw/hilfe-bei-wohnungslosigkeit sowie konkret im Bestellservice unter
https://broschueren.nordrheinwestfalendirekt.de/[...]

7) www.mags.nrw/broschuerenservice

8) www.mags.nrw/broschuerenservice

9) www.mags.nrw/wohnungslose-menschen-rumaenien-bulgarien

10) www.mags.nrw/links-zu-beratungs-und-forschungseinrichtungen

11) Ein Meilenstein ist ein Ereignis von besonderer Bedeutung im Projektmanagement. Meilensteine teilen den Projektverlauf in überprüfbare Etappen mit Zwischenzielen und erleichtern damit sowohl die Projektplanung als auch die Kontrolle des Projektfortschritts.

12) https://recht.nrw.de/[...]

Beim Eigenanteil können im Rahmen bürgerschaftlichen Engagements erbrachte Arbeitsleistungen bei der Ermittlung der zuwendungsfähigen Gesamtausgaben eines geförderten Vorhabens wie folgt berücksichtigt werden:

a) Das MAGS beabsichtigt, die derzeit mit 10 EUR vergütete Arbeitsleistung pro Arbeitsstunde auf 15 EUR pro Arbeitsstunde zu erhöhen.

b) bei Arbeitsleistungen, die eine besondere fachliche Qualifikation erfordern, kann im Einzelfall auch ein höherer Betrag anerkannt werden. Die Höhe der fiktiven Ausgaben für bürgerschaftliches Engagement darf 20 v.H. der zuwendungsfähigen Gesamtausgaben nicht überschreiten.

13) www.mags.nrw/links-zu-beratungs-und-forschungseinrichtungen

 

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