Richtlinie
Richtlinie des Sächsischen Staatsministeriums der Justiz zur Förderung von Querschnittsaufgaben der Betreuungsvereine
Vom 29. Oktober 2015
[zuletzt geändert am 19. Dezember 2019]
I. Rechtsgrundlagen, Zuwendungszweck
1. Zweck der staatlichen Förderung ist es, die anerkannten Betreuungsvereine in die Lage zu versetzen, sich planmäßig um die Gewinnung und Beratung von ehrenamtlichen Betreuern zu bemühen sowie über Fragen des Betreuungsrechtes und zu Vorsorgevollmachten zu informieren.
2. Die Förderung erfolgt auf der Grundlage
a) von § 4 des Gesetzes zur Ausführung des Betreuungsrechts vom 10. November 1992 (SächsGVBl. S. 539), das zuletzt durch Artikel 2 der Verordnung vom 30. September 2015 (SächsGVBl. S. 609) geändert worden ist, nach Maßgabe dieser Richtlinie,
b) der allgemeinen haushaltsrechtlichen Bestimmungen, insbesondere den §§ 23 und 44 der Sächsischen Haushaltsordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. April 2001 (SächsGVBl. S. 153), die zuletzt durch Artikel 13 des Gesetzes vom 15. Dezember 2016 (SächsGVBl. S. 630) geändert worden ist, und
c) der Verwaltungsvorschriften des Sächsischen Staatsministeriums der Finanzen zur Sächsischen Haushaltsordnung vom 27. Juni 2005 (SächsABl. SDr. S. S 226), die zuletzt durch die Verwaltungsvorschrift vom 21. September 2018 (SächsABl. S. 1249) geändert worden sind, zuletzt enthalten in der Verwaltungsvorschrift vom 8. Dezember 2017 (SächsABl. SDr. S. S 378).
in den jeweils geltenden Fassungen.
3. Ein Anspruch auf die Gewährung von Zuwendungen besteht nicht. Die Bewilligungsbehörde entscheidet nach pflichtgemäßem Ermessen im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel des Freistaates Sachsen.
II. Gegenstand der Förderung
Gefördert werden Maßnahmen der Betreuungsvereine hinsichtlich
1. der planmäßigen Gewinnung von ehrenamtlichen Betreuern,
2. der Einführung, Beratung und Fortbildung von ehrenamtlichen Betreuern sowie der Beratung der durch Vorsorgevollmachten bestellten Bevollmächtigten,
3. der planmäßigen Information zu Vorsorgevollmachten und Betreuungsverfügungen,
4. der Gewährleistung eines Erfahrungsaustausches zwischen den Mitarbeitern des Betreuungsvereins.
III. Zuwendungsempfänger
Zuwendungsempfänger kann jeder nach § 1908f des Bürgerlichen Gesetzbuches in Verbindung mit § 3 des Gesetzes zur Ausführung des Betreuungsrechts anerkannte Betreuungsverein mit Sitz im Freistaat Sachsen sein. Ein geförderter Betreuungsverein mit Sitz im Freistaat Sachsen kann zusätzlich für eine Zweigstelle im Freistaat Sachsen Förderung erhalten, wenn regional ein besonderer Bedarf besteht, weil in dem Landkreis oder der Kreisfreien Stadt kein anderer Betreuungsverein seinen Sitz hat, dessen Querschnittsarbeit nach dieser Richtlinie gefördert wird, und der Betreuungsverein die Fördervoraussetzungen auch für die Zweigstelle erfüllt. Die Förderung von Zweigstellen der Betreuungsvereine ist nachrangig gegenüber der Förderung der Betreuungsvereine.
IV. Fördervoraussetzungen
Ein Betreuungsverein kann gefördert werden, wenn
1. er über mindestens eine Fachkraft verfügt, die neben der Übernahme von Betreuungen für die Übernahme der unter Ziffer II genannten Aufgaben zur Verfügung steht, und der Arbeitskraftanteil der hierfür eingesetzten Fachkräfte insgesamt mindestens 35 Prozent der regelmäßigen Arbeitszeit einer Vollzeitkraft (entspricht 14 Wochenstunden) beträgt; die Fachkraft muss
a) entweder über einen Fachhochschulabschluss oder einen als gleichwertig anerkannten berufsbezogenen Abschluss verfügen, der die Übernahme der unter Ziffer II genannten Aufgaben zulässt, und eine mindestens einjährige Tätigkeit als Betreuer nachweisen oder
b) besondere Kenntnisse, welche die Übernahme der unter Ziffer II genannten Aufgaben ermöglichen, durch eine abgeschlossene Lehre oder vergleichbare abgeschlossene Ausbildung erworben haben und eine mindestens dreijährige Tätigkeit als Betreuer nachweisen,
2. die örtlichen Betreuungsbehörden von der Förderung der zuwendungsfähigen Ausgaben in Höhe von bis zu 19.500 Euro weitere 10 Prozent, das heißt bis zu 1.950 Euro, leisten, ohne dass dieser Anteil auf die Zuwendung angerechnet wird,
3. der Einzugsbereich des Betreuungsvereins mit der zuständigen örtlichen Betreuungsbehörde abgestimmt ist,
4. er für seine Mitarbeiter eine den Erfordernissen entsprechende Fort- und Weiterbildung, insbesondere bei auftretenden Änderungen der Rechtslage ermöglicht,
5. er in der örtlichen Arbeitsgemeinschaft für Betreuungsangelegenheiten nach § 2 Absatz 1 Nummer 6 des Gesetzes zur Ausführung des Betreuungsrechts mitwirkt,
6. er über eine angemessene Haftpflichtversicherung seiner Mitarbeiter gemäß § 1908 f des Bürgerlichen Gesetzbuches verfügt,
7. regelmäßige Öffnungszeiten mit Angeboten zur Beratung und Information über die rechtliche Betreuung, Vorsorgevollmachten und Betreuungsverfügungen in Höhe von mindestens zehn Stunden pro Woche gewährleistet sind,
8. folgende Maßnahmen zur Sicherstellung der Querschnittsarbeit durchgeführt werden:
a) mindestens zwei öffentliche Veranstaltungen pro Haushaltsjahr zur Gewinnung von ehrenamtlichen Betreuern sowie zwei öffentliche Veranstaltungen pro Haushaltsjahr zur Einführung, Beratung und Fortbildung von ehrenamtlichen Betreuern und Vorsorgebevollmächtigten,
b) mindestens zwei öffentliche Veranstaltungen pro Haushaltsjahr zur Information über Vorsorgevollmachten und Betreuungsverfügungen sowie
c) monatliche Veranstaltungen zum Erfahrungsaustausch im Betreuungsrecht für Mitarbeiter des Betreuungsvereins und
9. der Betreuungsverein 20 ehrenamtliche Betreuungen, Vorsorgebevollmächtigungen oder außerhalb von Veranstaltungen potentielle Vorsorgebevollmächtigungen begleitet oder berät; für das erste Förderjahr ist kein solcher Nachweis zu führen, im darauffolgenden zweiten Förderjahr ist der Nachweis für zehn und im darauffolgenden dritten Förderjahr für 15 ehrenamtliche Betreuungen, Vorsorgebevollmächtigungen oder potentielle Vorsorgebevollmächtigungen zu führen; für Vereine, die bereits im Jahr 2016 gefördert wurden, gilt das Jahr 2017 als erstes Förderjahr; wird diese Fördervoraussetzung nur teilweise erfüllt, reduziert sich die Förderung ab 2019 jeweils prozentual im Verhältnis zu den tatsächlich begleiteten ehrenamtlichen Betreuungen, Vorsorgebevollmächtigungen oder potentiellen Vorsorgebevollmächtigungen.
V. Art, Umfang und Höhe
1. Die Zuwendung wird als Projektförderung im Wege der Festbetragsfinanzierung gewährt.
2. Zuwendungsfähig sind Personal- und Sachausgaben. Personalausgaben einschließlich Personalnebenkosten werden in Höhe von 95 Prozent des für den jeweiligen Betreuungsverein zuwendungsfähigen Gesamtbetrages einschließlich des kommunalen Anteils pauschal anerkannt. Darüber hinausgehende Personalausgaben können vom Betreuungsverein gemäß Ziffer VI Nummer 3 Satz 5 nachgewiesen werden.
3. Die Zuwendung beträgt bis zu 15.000 Euro kalenderjährlich.
4. Darüber hinaus kann für jeden vom Betreuungsverein neu geworbenen ehrenamtlichen Betreuer außerhalb des familiären Umfeldes, dessen Bereitschaftserklärung zur Übernahme ehrenamtlicher Betreuungen an die örtliche Betreuungsbehörde weitergeleitet und von dieser bestätigt wurde, eine Zuwendung von bis zu 350 Euro gewährt werden. Dem steht nicht entgegen, dass der gewonnene ehrenamtliche Betreuer darüber hinaus auch berufliche Betreuungen führt. Die Zuwendung nach Satz 1 ist begrenzt auf höchstens 3.500 Euro kalenderjährlich. Zum familiären Umfeld eines Betreuten gehören Eltern, Großeltern, Kinder, Enkel, Ehegatten, Lebenspartner und Geschwister des Betreuten sowie mit ihm in eheähnlicher Gemeinschaft lebende Personen. Die Beschränkung der Zusatzförderung auf außerhalb des familiären Umfeldes gewonnene ehrenamtliche Betreuer gilt nicht, wenn es sich um Eltern handelt, die zur Übernahme der ehrenamtlichen Betreuung für ihr volljährig gewordenes Kind gewonnen werden konnten.
5. Für die Beratung und Begleitung jeder über die in Ziffer IV Nummer 9 geforderten ehrenamtlichen Betreuungen, Vorsorgebevollmächtigungen und potentiellen Vorsorgebevollmächtigungen hinausgehenden Betreuung, Vorsorgebevollmächtigung oder potentiellen Vorsorgebevollmächtigung wird dem Betreuungsverein eine Fallpauschale von 100 Euro gewährt. Darüber hinaus wird unabhängig von Satz 1 die Fallpauschale für die Beratung oder Begleitung von ehrenamtlichen Betreuern oder Vorsorgebevollmächtigten aus dem familiären Umfeld gewährt. Die Zuwendung nach den Sätzen 1 und 2 ist begrenzt auf insgesamt höchstens 1.000 Euro kalenderjährlich.
6. Mittel der Arbeitsförderung sind in voller Höhe auf die Zuwendung anzurechnen und mindern diese.
VI. Verfahren
1. Bewilligungsbehörde ist der Kommunale Sozialverband Sachsen. Vor der abschließenden Entscheidung hat die Bewilligungsbehörde das Einvernehmen mit den örtlichen Betreuungsbehörden herzustellen. Dieses ist in den bekannt zu gebenden Bescheid aufzunehmen.
2. Die Zuwendung wird kalenderjährlich auf schriftlichen Antrag gewährt. Der Antrag auf Gewährung einer Zuwendung ist spätestens jeweils bis zum 30. September des Vorjahres bei der Bewilligungsbehörde zu stellen. Abweichend hiervon sind die Anträge auf Zuwendungen für das Kalenderjahr 2019 spätestens sechs Wochen nach Veröffentlichung der Richtlinie zu stellen (zugleich Ausnahme zu Nummer 1.3 der Verwaltungsvorschrift zu § 44 der Sächsischen Haushaltsordnung). Mit ihm vorzulegen sind insbesondere:
a) eine Bestätigung, dass der Antragsteller zur Deckung von Schäden, welche durch seine Mitarbeiter verursacht werden können, ausreichend versichert ist,
b) Nachweise über die Geeignetheit der zu fördernden Fachkraft,
c) ein Konzept zur Arbeitsplanung und Qualitätssicherung sowie
d) Nachweise, aus denen sich ergibt, dass der geforderte Anteil der kommunalen Kofinanzierung erbracht wird und die Gesamtfinanzierung gesichert ist.
Reichen die zur Förderung der Betreuungsvereine zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel nicht aus, um die zuwendungsfähigen Ausgaben aller antragstellenden Vereine zu decken, werden zunächst diejenigen Vereine berücksichtigt, die bereits im Vorjahr gefördert worden sind. Die verbleibenden Mittel werden unter den übrigen Vereinen zu gleichen Teilen verteilt. Reichen die zur Förderung der Betreuungsvereine zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel bereits nicht aus, um die zuwendungsfähigen Ausgaben der Vereine, die bereits im Vorjahr gefördert worden sind, zu decken, werden die Mittel insgesamt unter allen antragstellenden Vereinen zu gleichen Teilen verteilt. Eine Reduzierung der Zuwendungen führt zu einer entsprechenden Reduzierung der nach Ziffer IV Nummer 1 erforderlichen Arbeitszeit der Fachkräfte, zu einer entsprechenden Reduzierung der nach Ziffer IV Nummer 7 geforderten Öffnungszeiten sowie zu einer entsprechenden Reduzierung der nach Ziffer IV Nummer 9 geforderten Anzahl an begleiteten ehrenamtlichen Betreuungen, Vorsorgebevollmächtigungen oder potentiellen Vorsorgebevollmächtigungen im Jahr der reduzierten Förderung. Reichen die zur Förderung der Betreuungsvereine zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel zwar aus, um die zuwendungsfähigen Ausgaben aller antragstellenden Vereine, jedoch nicht aller antragstellenden Zweigstellen zu decken, so ist entsprechend Nummer 2 Satz 5 bis 8 zu verfahren.
3. Die Zuwendungsempfänger haben der Bewilligungsbehörde spätestens bis zum 30. Juni des auf den Bewilligungszeitraum folgenden Jahres die zweckentsprechende Verwendung der Zuwendung nachzuweisen. Vorzulegen ist dabei auch eine Aufstellung, in der die neu angeworbenen ehrenamtlichen Betreuer benannt sind. Ihr sind Bestätigungen der ehrenamtlichen Betreuer über die Anwerbung durch ihren Betreuungsverein beizufügen, die auch die Erklärung umfasst, dass sie nicht zum familiären Umfeld im Sinne von Ziffer V Nummer 4 Satz 4 gehören oder dass sie die Betreuung für ihr volljährig gewordenes Kind übernehmen wollen. Des Weiteren sind die Bestätigungen der örtlichen Betreuungsbehörde über den Eingang der vom Betreuungsverein übermittelten Bereitschaftserklärungen der neu angeworbenen ehrenamtlichen Betreuer vorzulegen. Im Übrigen wird ein einfacher Verwendungsnachweis zugelassen.
4. Die Bewilligungsbehörde hat dem Staatsministerium der Justiz bis zum 30. September eines jeden Jahres über die Förderung der Betreuungsvereine im Vorjahr zu berichten.
5. Für die Bewilligung, Auszahlung und Abrechnung der Zuwendungen sowie für den Nachweis und die Prüfung der Verwendung sowie die gegebenenfalls erforderliche Aufhebung des Zuwendungsbescheides und die Rückforderung der gewährten Zuwendung gelten die Verwaltungsvorschriften des Sächsischen Staatsministeriums der Finanzen zur Sächsischen Haushaltsordnung, soweit nicht in dieser Richtlinie Abweichungen zugelassen worden sind. Die Bewilligungsbehörde kann Rückforderungen von Zuwendungen und Zinsforderungen nach Bestandskraft des Rückforderungsbescheides mit neu zu bewilligenden oder noch ausstehenden Zuwendungen aufrechnen.
VII. Inkrafttreten, Außerkrafttreten
Diese Richtlinie tritt am 1. Januar 2016 in Kraft. Gleichzeitig tritt die Richtlinie des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Verbraucherschutz zur Förderung von Querschnittsaufgaben der Betreuungsvereine vom 15. September 2010 (SächsABl. S. 1413), die durch die Richtlinie vom 17. Juni 2013 (SächsABl. S. 677) geändert worden ist, zuletzt enthalten in der Verwaltungsvorschrift vom 26. November 2013 (SächsABl. SDr. S. S 911), außer Kraft.