Richtlinie
Richtlinien für die Übernahme von Bürgschaften des Landes Schleswig-Holstein (Bürgschaftsrichtlinien)
Bekanntmachung des Finanzministeriums vom 16. Juni 2015
– VI 265 – 637-02-3004 –
Die Richtlinien für die Übernahme von Bürgschaften des Landes Schleswig-Holstein vom 1. Februar 1991 (Amtsbl. Schl.-H. S. 95), zuletzt geändert mit Wirkung vom 1. April 2011 (Amtsbl. Schl.-H. S. 232), gelten in der folgenden Fassung:
1. Rechtsgrundlagen
(1) Die Übernahme von Bürgschaften, Garantien und sonstigen Gewährleistungen, die zu Ausgaben in künftigen Haushaltsjahren führen können, bedürfen nach Artikel 53 der Landesverfassung einer der Höhe nach bestimmten oder bestimmbaren Ermächtigung durch Gesetz.
(2) Die Höhe der Verpflichtungen des Landes aus solchen Sicherheitsleistungen einschließlich der schon bestehenden wird gemäß § 39 (1) der Landeshaushaltsordnung im Haushaltsgesetz festgestellt.
(3) Das Land Schleswig-Holstein, vertreten durch das Finanzministerium und das jeweils zuständige Fachministerium, kann im Rahmen der Ermächtigung durch das jeweilige Haushaltsgesetz nach Maßgabe dieser Richtlinien Bürgschaften, Garantien und sonstige Gewährleistungen übernehmen.
(4) Die Übernahme einer Bürgschaft erfolgt unter Beachtung der beihilferechtlichen Vorgaben der Europäischen Union sowie darauf beruhender nationaler Regelwerke in den zum Zeitpunkt der Bürgschaftsbewilligung jeweils geltenden Fassungen.
Hierzu zählen insbesondere:
- Verordnung zur Feststellung der Vereinbarkeit bestimmter Gruppen von Beihilfen mit dem Binnenmarkt in Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union - ABL. der EU L 187/1 v. 26.06.2014 (Allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung) unter Einbeziehung der Hinweise des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie für freigestellte Beihilferegelungen, nach denen staatliche Bürgschaften vergeben werden dürfen (Anlage 1),
- Verordnung über die Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf De-minimis-Beihilfen - ABL. der EU L 352/1 v. 24.12.2013 (De-minimis-Verordnung),
- Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Artikel 87 und 88 des EG Vertrages auf staatliche Beihilfen in Form von Haftungsverpflichtungen und Bürgschaften - ABL. der EU C 155/10 v. 20.06.2008 / Abl. der EU C 244/32 v. 25.09.2009 (Bürgschaftsmitteilung)
- Leitlinien für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung nichtfinanzieller Unternehmen in Schwierigkeiten - ABL. der EU C 249/1 v. 31.07.2014 (Leitlinien für Unternehmen in Schwierigkeiten) unter Berücksichtigung der Bundesrahmenregelung für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung kleiner und mittlerer Unternehmen in Schwierigkeiten (Anlage 2).
(5) Ein Rechtsanspruch auf Übernahme einer Bürgschaft besteht nicht.
2. Zweckbestimmung
Bürgschaften können zur Absicherung von Krediten übernommen werden, um im Interesse des Landes volkswirtschaftlich förderungswürdige und betriebswirtschaftlich sowie haushaltsrechtlich vertretbare Maßnahmen zu ermöglichen. Dabei muss der zu erwartende Erfolg in einem angemessenen Verhältnis zum Bürgschaftsrisiko stehen.
3. Bürgschaftsvoraussetzungen
(1) Bürgschaften werden in der Regel nur dann übernommen, wenn bankmäßig ausreichende Sicherheiten nicht in dem erforderlichen Maße zur Verfügung stehen und Bürgschaften der Bürgschaftsbank Schleswig-Holstein GmbH (Bürgschaftsbank) nicht erreichbar sind.
(2) Bürgschaften dürfen nur für Kredite übernommen werden, deren Rückzahlung durch die Kreditnehmer bei normalem wirtschaftlichem Ablauf erwartet werden kann.
(3) Die Gesamtfinanzierung der zu fördernden Maßnahme muss unter Berücksichtigung angemessener Eigenmittel gesichert sein.
(4) Der Antrag auf Übernahme einer Bürgschaft muss in der Regel vor Beginn der Maßnahme gestellt sein. Für bereits ausgereichte Kredite kann eine Bürgschaft grundsätzlich nicht gewährt werden.
4. Art und Umfang der Bürgschaften
(1) Bürgschaften werden grundsätzlich als modifizierte Ausfallbürgschaften mit anteiligem Risiko der Kreditgeber (mindestens 20 %) übernommen.
(2) Bürgschaften sind zu befristen. Die Laufzeit von Bürgschaften soll in der Regel 15 Jahre nicht überschreiten.
5. Antragstellung
Antragsberechtigt sind grundsätzlich Kreditinstitute im Sinne des § 1 Kreditwesengesetz, Bausparkassen, Versicherungsunternehmen, Leasing-, Factoring- und Kapitalbeteiligungsgesellschaften, die eine ausreichende Überwachung der zu verbürgenden Engagements gewährleisten.
6. Antragsverfahren
(1) Anträge auf Übernahme einer Landesbürgschaft sind formlos beim zuständigen Fachministerium einzureichen. Durchschriften des Antrages sind dem Finanzministerium und der Bürgschaftsbank zuzusenden.
(2) Den Anträgen sind sämtliche bankübliche und aus der Sicht des Antragstellers entscheidungsrelevante Unterlagen zum Finanzierungsvorhaben sowie zur Bonitätsbeurteilung des Kreditnehmers beizufügen. Auf Verlangen des Landes sind weitere Unterlagen nachzureichen.
(3) Mit den Anträgen sind folgende Erklärungen einzureichen:
a) durch die Kreditgeber sowie die Kreditnehmer unterzeichnete Subventionserklärungen.
b) Ermächtigung der Finanzbehörden, ab Antragstellung bis zur Rückzahlung der zu verbürgenden Kredite dem Finanzministerium unter Befreiung vom Steuergeheimnis alle Auskünfte über die durch § 30 Abgabenordnung geschützten Verhältnisse der Kreditnehmer zu erteilen mit der Befugnis, diese Auskünfte an alle am Bürgschaftsverfahren Beteiligten weiterzuleiten.
7. Vertraulichkeit
Alle Verhandlungen, Beratungen, Unterlagen und Auskünfte sind vertraulich zu behandeln und dürfen Dritten gegenüber nicht offenbart werden. Alle an Entscheidungen über Bürgschaften Beteiligten sind zur Verschwiegenheit verpflichtet.
8. Bürgschaftsentgelte
(1) Für die Übernahme einer Landesbürgschaft und die Erteilung einer Bürgschaftszusage werden nach Maßgabe nachstehender Bestimmungen einmalige und laufende Entgelte erhoben:
a) Einmaliges Bearbeitungsentgelt
- 1 % vom Bürgschaftsbetrag, höchstens 50.000 EUR
- Bei Bürgschaften auf der Grundlage der Leitlinien für Unternehmen in Schwierigkeiten beträgt das einmalige Bürgschaftsentgelt 2% vom Bürgschaftsbetrag, höchstens 75.000 EUR.
- In Fällen der Obligoausweitung einer bereits bestehenden Bürgschaft wird ein auf den zusätzlich übernommenen Bürgschaftsbetrag zu berechnendes Bearbeitungsentgelt in gleicher Höhe fällig.
Das einmalige Bearbeitungsentgelt wird fällig mit Aushändigung der Bürgschaftsurkunde bzw. Erteilung der Bürgschaftszusage.
b) Laufendes Bürgschaftsentgelt
- Das Bürgschaftsentgelt beträgt im Regelfall 1% p.a. des übernommenen Bürgschaftsbetrages.
- Bei Bürgschaften auf der Grundlage der Leitlinien für Unternehmen in Schwierigkeiten in der zum Zeitpunkt der Bewilligung jeweils geltenden Fassung, wird im Regelfall ein laufendes Bürgschaftsentgelt von 2% p.a.
erhoben. - Auf Grund von beihilferechtlichen Vorgaben der Europäischen Union können im Einzelfall auch höhere Bürgschaftsentgelte erhoben werden.
- Bei Investitionskrediten ist für noch nicht valutierende Bürgschaftsbeträge bis zum Zeitpunkt der Vollvalutierung ein Bereitstellungsentgelt in halber Höhe des vereinbarten Entgeltsatzes zu entrichten.
- Das Bürgschaftsentgelt ist jährlich im Voraus – anteilig beginnend mit dem Datum der Bürgschaftsurkunde bzw. der Erteilung der Bürgschaftszusage – zu zahlen. Die Folgeentgelte sind zu Beginn eines jeden neuen Kalender
jahres zu entrichten. Bemessungsgrundlage ist das Bürgschaftsobligo zu Beginn des jeweiligen Kalenderjahres. Bei Krediten mit wechselnder Inanspruchnahme bemisst sich das Bürgschaftsobligo dabei nach der Höhe des verbürgten Kreditrahmens. - Das Bürgschaftsentgelt ist grundsätzlich bis zur Entlassung des Landes aus der Bürgschaftshaftung zu leisten. Bei vorzeitigem Verzicht auf die Bürgschaft ist das Bürgschaftsentgelt für das Kalenderjahr, in dem die Bürgschaftsrückgabe erfolgt, voll zu entrichten.
(2) Für die Bearbeitung von Änderungsanträgen für bestehende Bürgschaften ist pro Antrag ein Bearbeitungsentgelt nach folgenden Maßgaben zu entrichten:
- Bei Prolongationen in Höhe von 0,25% des bestehenden Obligos, höchstens jedoch 1.000 EUR.
- Bei sonstigen Vertragsänderungen (z.B. Sicherheitenänderungen, Modifizierung von Auflagen/Bedingungen) pauschal in Höhe von 250 EUR.
In besonderen Einzelfällen kann ein darüber hinausgehendes Bearbeitungsentgelt bis zur Höhe des unter Ziffer 8 (1) a) geregelten Antragsentgelts erhoben werden.
Das jeweilige Bearbeitungsentgelt wird mit der Entscheidung über den jeweiligen Antrag fällig.
(3) Die Bürgschaftsentgelte sind von den Kreditnehmern zu entrichten und werden in der Regel von der Bürgschaftsbank eingezogen. Der Bürgschaftsbank ist dafür grundsätzlich eine entsprechende Einzugsermächtigung zu erteilen. Die Kreditgeber haben die Abführung der Bürgschaftsentgelte und deren Einbeziehung in die vertraglichen Regelungen mit den Kreditnehmern sicherzustellen und übernehmen die Haftung für die Zahlung der Entgelte.
Diese Haftung erlischt bei Kündigung des verbürgten Kredites.
(4) Abweichungen von den vorstehenden Entgeltregelungen sind nur in Ausnahmefällen nach Zustimmung des Finanzministeriums zulässig.
(5) Für den Bereich Schiffbau/Schifffahrt bestehen gesonderte Entgeltregelungen.
9. Bürgschaftsübernahme und -verwaltung
(1) Über die Bürgschaft wird eine Urkunde ausgefertigt. Die Allgemeinen Bestimmungen für Bürgschaften des Landes Schleswig-Holstein (Anlage 3) werden Gegenstand des Bürgschaftsvertrages.
(2) Die Haftung des Landes wird mit der Aushändigung der Urkunde oder Erteilung der Zusage wirksam.
(3) Die Ausstellung und Aushändigung der Bürgschaftsurkunde erfolgt grundsätzlich durch die Bürgschaftsbank. Sie handelt insofern im Namen und für Rechnung des Landes.
(4) Die Bürgschaftsbank ist darüber hinaus im Rahmen der gesetzlichen Ermächtigungen beauftragt, Bürgschaften im Namen und für Rechnung des Landes nach diesen Richtlinien in einem vom Land bestimmten Umfang zu übernehmen.
(5) Die Verwaltung einer Bürgschaft erfolgt in der Regel durch die Bürgschaftsbank. Sie ist beauftragt, die Rechte des Landes als Bürge wahrzunehmen.
10. Schlussbestimmungen
(1) Neben diesen Richtlinien bestehende oder künftig zu erstellende Sonderrichtlinien für bestimmte Förderbereiche bleiben unberührt. Die sich daraus ergebenden speziellen Anforderungen sind zusätzlich zu den Regelungen in diesen Richtlinien zu beachten.
(2) Die Angaben des Antragstellers im Antrag und in den sonstigen eingereichten Unterlagen sind subventionserheblich im Sinne von § 264 StGB und § 1 Landessubventionsgesetz. Ändern sich subventionserhebliche Tatsachen im Laufe der Bürgschaftsgewährung, so ist dies der Bürgschaftsbank vom Antragsteller unverzüglich mitzuteilen.
(3) Diese Richtlinien finden entsprechende Anwendung auf Garantien und sonstige Gewährleistungen.
(4) Diese Neufassung der Bürgschaftsrichtlinien vom 1. Februar 1991, zuletzt geändert mit Wirkung vom 1. April 2011, tritt mit dem Tag der Veröffentlichung im Amtsblatt für Schleswig Holstein in Kraft und gilt bis zum 30. Juni 2021.[*]
[*] Gültigkeit verlängert bis zum 30. Juni 2026 durch Bekanntmachung des Finanzministeriums vom 1. Juni 2021, Amtsblatt für Schleswig-Holstein Nr. 24 vom 14. Juni 2021, S. 1102.