Richtlinie
Förderrichtlinie zur Förderung von Gründungsprozessen genossenschaftlicher Wohnprojekte oder genossenschaftsähnlicher Trägerschaften im Rahmen der sozialen Wohnraumförderung (Wohnprojekte-Gründungsfonds)
Gl.Nr. 6670.25
Erlass des Ministeriums für Inneres, Kommunales, Wohnen und Sport
vom 21.11.2022 – IV 505 – 476-73/2016-5973/2022
1. Grundlage
Nach dem geltenden Schleswig-Holsteinischen Wohnraumförderungsgesetz besteht gemäß § 7 Nr. 4 und Nr. 5 SHWoFG die Möglichkeit, Konzepte, vorbereitende Untersuchungen und sonstige Maßnahmen, soweit sie die Ziele der sozialen Wohnraumförderung unterstützen, aus Mitteln der sozialen Wohnraumförderung zu fördern.
2. Förderziel und Zuwendungszweck
2.1. Wohnungsgenossenschaften – so auch neu gegründete, kleine Wohnungsgenossenschaften, Baugemeinschaften und Wohnprojekte – stellen neben Einzeleigentum, Wohnungseigentümergemeinschaften und Mietwohnungsbau eine wichtige Säule für eine soziale Wohnraumversorgung dar. Diese als genossenschaftliche Wohnprojekte bezeichneten Vorhaben stellen oftmals auch anteilig Wohnraum her, der im Rahmen der sozialen Wohnraumförderungsprogramme gefördert wird. Die charakteristischen Merkmale genossenschaftlicher Wohnprojekte sind: Langfristigkeit, Identitätsprinzip, Demokratieprinzip, Selbstnutzung und Selbstverwaltung.
2.2. Unter dem Eindruck des notwendigen bürgerschaftlichen Engagements gewährt das für die Wohnraumförderung zuständige Ministerium nach Maßgabe dieser Richtlinie Zuwendungen zur Förderung der Gründung von genossenschaftlichen Wohnprojekten mit dem Zweck, die Rahmenbedingungen für diese Gründungsprozesse zu verbessern. Die ehrenamtliche Gremienarbeit in der Gründungsphase soll durch Fördermittel qualifiziert und unterstützt werden. Die Fördermittel dienen dazu, zweckbestimmtes Expertenwissen und unabhängige Sachverständigenleistungen einzukaufen, um eine solide geschäftsfähige, selbstverwaltete und soziale Trägerschaft aufzubauen.
2.3. Die Zuwendung erfolgt in Form einer Zuschussgewährung. Sie umfasst die notwendigen Ausgaben nach Ziffer 3 dieser Richtlinie, die im engen Zusammenhang mit dem Gründungsvorgang zu einer Wohnungsgenossenschaft im Sinne von § 1 Abs. 1 Genossenschaftsgesetz (GenG) stehen.
2.4. Förderfähige genossenschaftliche Wohnprojekte im Sinne dieser Richtlinie sind Initiatorengruppen (BGB-Gesellschaften), die als Zusammenschlüsse von Personen in der Absicht handeln, eine solide selbstverwaltete, soziale und geschäftsfähige Trägerschaft aufzubauen. Dies gilt auch für Initiatorengruppen, die bereits die Rechtsform einer Genossenschaft in Gründung angenommen haben (Vorgenossenschaft). Der Zweck der Initiatorengruppe muss darauf ausgerichtet sein, durch den gemeinschaftlichen und unmittelbar selbstverwalteten Geschäftsbetrieb Wohnungen sowie auch möglicherweise ergänzende Einrichtungen, die zu einer sozialen Nachbarschaftsgestaltung und Wohnumfeldversorgung beitragen, für die Mitglieder herzustellen und auf Dauer zu bewirtschaften.
2.5. Daneben können auch Gründungsprozesse von Mietergenossenschaften und von Wohnprojekten in Kooperation mit einer Bestandsgenossenschaft oder von gemeinschaftlichen und selbstverwalteten Wohnprojekten und Baugemeinschaften auf der Basis des Wohnungseigentumsgesetzes oder von anderen genossenschaftsähnlichen Gesellschaftsformen wie z.B. Wohnprojekte im sogenannten Mietshäuser Syndikat förderfähig sein. Bei genossenschaftsähnlichen Projekten müssen die Antragsteller nachweisen, dass die charakteristischen Merkmale, wie in Ziffer 2.1. dieser Richtlinie ausgeführt, erfüllt werden und den Mitgliedern nachhaltig Rechte und Pflichten zugesprochen werden sollen. Die Förderfähigkeit wird in diesen Fällen im Rahmen einer Einzelfallbetrachtung eines besonders begründeten Antrags in Auslegung dieser Bestimmungen von dem für die Wohnraumförderung zuständigen Ministerium entschieden.
3. Gegenstand der Förderung
3.1. Förderfähig ist eine Machbarkeitsanalyse oder ein Gründungsgutachten für den Aufbau eines selbstverwalteten genossenschaftlichen Wohnprojekts in Schleswig-Holstein mit mindestens 10 Wohnungen. Das Bauvorhaben muss mit einem Anteil von mindestens 30% der Wohnfläche auf die Schaffung von Wohnraum, der mit Mitteln der sozialen Wohnraumförderung gefördert wird, ausgerichtet sein.
3.2. Förderfähig sind die im Rahmen des Projekts anfallenden Ausgaben für Leistungen von fachkundigen Dritten, die Dienstleistungen für die Erarbeitung der rechtlichen und betriebswirtschaftlichen Grundlagen erbringen. Dazu können gutachterliche Tätigkeiten und Voruntersuchungen gehören, wie auch Konzepte zur Organisationsstruktur und zur Gründung der Genossenschaft bzw. des Trägermodells sowie zur Erstellung einer Satzung und zur Umsetzung des Gesamtprojektes. Expertisen zu betriebswirtschaftlichen Fragestellungen und zu Fragen der Finanzierung, zur planerischen und geschäftlichen Konzeption des Vorhabens, zur Förderfähigkeit des Wohnungsbaus, zu Aspekten des Vergaberechts, Beihilferechts und Steuerrechts und zu der Projektabwicklung gehören ebenfalls in das förderfähige Leistungsspektrum.
3.3. Nicht förderfähig sind Ausgaben für Grunderwerb, für bauliche Maßnahmen, für Architekturleistungen nach HOAI ab Phase 2, für Kosten der Eintragung durch einen Genossenschaftsverband, für Marketing und Mitgliederwerbung und für Sach- und Personalausgaben, die für den laufenden Geschäftsbetrieb des Wohnprojekts anfallen.
4. Zuwendungsempfängerinnen bzw. Zuwendungsempfänger
Zuwendungsempfängerin ist die Initiatorengruppe als BGB-Gesellschaft oder Vorgenossenschaft gemäß Ziffer 2.4 und 2.5. dieser Richtlinie, die eine Trägerschaft entwickeln bzw. eine Genossenschaft gründen will und sich zu diesem Zweck bereits einen ehrenamtlich basierten Geschäftsbetrieb in eigener Verantwortung aufgebaut hat und aus mindestens 10 Mitgliedern besteht. Sie bestimmt und legitimiert eine verantwortliche Vertreterin oder einen Vertreter zur Antragstellerin oder zum Antragsteller. Diese Person muss berechtigt sein, den Antrag nach dieser Förderrichtlinie zu stellen. Die Legitimation muss durch eine Ermächtigungserklärung erfolgt sein, die von allen Mitgliedern der Initiatorengruppe unterschrieben ist.
5. Zuwendungsvoraussetzungen
5.1. Förderfähig sind Maßnahmen entsprechend der Ziffer 3, für die im Förderantrag nach Ziffer 8.1. dargelegt wird, wie sie den Zuwendungszweck gemäß Ziffer 2 erfüllen.
5.2. Jede Zuwendungsempfängerin kann die Förderung nach dieser Richtlinie nur einmal in Anspruch nehmen. Für einen Standort eines geplanten Wohnprojekts kann die Förderung nach dieser Richtlinie nur einmal in Anspruch genommen werden.
5.3. Die Zuwendungsempfängerin muss zur Erlangung der Zuwendungsberechtigung sicherstellen, dass keines der Mitglieder ein eigenes gewerbliches oder unternehmerisches Interesse entsprechend § 14 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) an der Genossenschaftsgründung und Projektumsetzung hat, und dass kein Mitglied der Initiatorengruppe für die Gremienarbeit oder Gründungsarbeit oder für den Geschäftsbetrieb entlohnt wird. Die Förderung ist ebenso ausgeschlossen, wenn gewerbliche Projektberatungsgesellschaften und Vertretende von Bauträgermodellen oder Wohnungsbaugesellschaften an der Initiatorengruppe oder der Vorgenossenschaft beteiligt sind oder später beteiligt werden sollen.
5.4. Die Zuwendungsempfängerin muss zur Antragstellung über eine geeignete und konkrete Fläche oder Immobilie verfügen können und Unterlagen für eine mindestens in Aussicht stehende Eigentumsübertragung an einem Grundstück oder einer Immobilie beibringen. Dabei kann es sich auch um eine Vereinbarung zu einer Anhandgabe handeln.
6. Art, Umfang und Höhe der Zuwendung
6.1. Die Zuwendung wird als nicht rückzahlbarer Zuschuss im Rahmen der Projektförderung als Anteilsfinanzierung gewährt. Die Anteilfinanzierung beträgt maximal 90% der zuwendungsfähigen Kosten. Die Zuwendung ist begrenzt auf 15.000 EUR.
6.2. Der Eigenanteil in Höhe von mindestens 10% der förderfähigen Ausgaben ist nachweislich finanziell zu erbringen. Die Bagatellgrenze für die förderfähigen Kosten liegt bei 7.000 EUR brutto. Vorhaben mit Gesamtkosten, die unterhalb der Bagatellgrenze liegen, können nicht berücksichtigt werden.
7. Sonstige Zuwendungsbestimmungen
Während der Durchführung der geförderten Maßnahme hat die Bewilligungsstelle jederzeit das Recht, Auskunft über den aktuellen Sachstand zu verlangen und sich die entsprechenden Unterlagen vorlegen zu lassen.
8. Verfahren
8.1. Grundlage der Zuwendung ist ein Förderantrag, der die Ausgangslage und die Zielsetzungen darstellt. Anhand des Förderantrags ist schlüssig darzulegen, wie die zur Förderung beantragten Maßnahmen geeignet sind, den Zuwendungszweck nach Ziffer 2 zu erfüllen. Zudem ist der Fördergegenstand zu erläutern und die Zuwendungsvoraussetzungen sind nachzuweisen. Der Gegenstand der Förderung ist zu beschreiben; auch anhand von Planungsunterlagen und entsprechend der Anforderungen nach Ziffer 3 und 4.
Dazu gehören:
a. die Beschreibung des Sachstands zur Genossenschaftsgründung bzw. Trägerschafts-Gründung,
b. eine Liste der Mitglieder der Initiatorengruppe sowie eine Auskunft zu Personen/Haushalten, die bereit sind, sich an dem Wohnprojekt zu beteiligen, in dieses einzutreten bzw. Gründungsmitglied in der Genossenschaft zu werden und Wohnraum zur Selbstnutzung zu beziehen,
c. eine Beschreibung des Konzepts mit der Anzahl der geplanten Wohneinheiten und der Wohneinheiten, die mit Mitteln der sozialen Wohnraumförderung gefördert werden sollen,
d. Unterlagen, die die Sachverhalte gemäß Ziffer 5.3. und 5.4. dieser Richtlinie darlegen,
e. eine Beschreibung der besonderen städtebaulichen, funktionalen, ökologischen und sozialen Merkmale, die im Zuge der Maßnahme umgesetzt werden sollen,
f. soweit vorhanden, eine Stellungnahme der Belegenheitsgemeinde,
g. bei genossenschaftsähnlichen Projekten eine Erläuterung gemäß Ziffer 2.5.
Der Förderantrag ist um eine vorläufige Kostendarstellung und Finanzierungsübersicht zu ergänzen.
8.2. Anträge sind an die Investitionsbank Schleswig-Holstein (IB.SH), Zur Helling 5–6, 24143 Kiel zu richten, die zugleich Bewilligungsstelle ist. Sie entscheidet im Rahmen der verfügbaren Programmmittel und aufgrund pflichtgemäßen Ermessens. Ein Rechtsanspruch auf Förderung besteht nicht.
8.3. Die Auszahlung der Zuwendung erfolgt nach Eingang und Prüfung des Förderantrags. Vorgesehen ist eine Auszahlung der Förderung in höchstens zwei Raten. Die Auszahlung erfolgt durch die IB SH. Die Mittel sollen erst abgerufen werden, wenn ihre Verwendung voraussichtlich innerhalb von 2 Monaten erfolgt. Zeitpunkt und Bedingungen für die Auszahlung des Zuschusses werden einzelfallbezogen im Bewilligungsbescheid festgelegt.
8.4. Eine rückwirkende Förderung für bereits abgeschlossene Dienstleistungsverträge im Sinne von Ziffer 3.2 ist ausgeschlossen. Ein vorzeitiger Maßnahmenbeginn kann beantragt werden.
8.5. Innerhalb von 2 Jahren nach Bewilligung des Zuschusses ist die Maßnahme spätestens abzuschließen und ein Verwendungsnachweis schriftlich oder in elektronischer Form der IB.SH vorzulegen. Der Verwendungsnachweis gilt als erbracht, indem der IB.SH das Ergebnis der Förderung zur Verfügung gestellt wird. Ergänzend kann ein Sachbericht zu den Ergebnissen der Fördergegenstände und eine Dokumentation der beauftragten Untersuchungen und Studien nach Ziffer 3.2. als Verwendungsnachweis angefordert werden. In diesem Fall soll auch erläutert werden, inwieweit die geförderten Maßnahmen die angestrebte Verwirklichung des genossenschaftlichen Wohnprojekts unterstützt und gefördert haben. Der Sachbericht ist auch notwendig, wenn die Fördermittel für Betreuung, Coaching oder Verfahren eingesetzt wurden. Der Verwendungsnachweis ist auf Anforderung auch dem für die Wohnraumförderung zuständigen Ministerium als Fördergeber vorzulegen. Eine zweckentsprechende Verwendung der Mittel setzt nicht zwingend voraus, dass der Gründungsprozess erfolgreich zum Abschluss gekommen ist, oder dass im Rahmen der Umsetzung die angestrebte Quote für den sozialen Wohnungsbau erreicht wird.
8.6. Die Förderung erfolgt als De-minimis-Beihilfe auf Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 1407/2013 über die Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf De-minimis-Beihilfen (De-minimis-VO, EU-Abl. 2013, L352/1).
8.7. In besonders begründeten Einzelfällen kann das für die Wohnraumförderung zuständige Ministerium Ausnahmen von den nach dieser Richtlinie zu erfüllenden Voraussetzungen zulassen. Dies gilt z.B. auch für kleine bereits gegründete Wohngenossenschaften mit Beratungsbedarf im besonderen Einzelfall und für Anträge unterschiedlicher Initiatorengruppen, die nebeneinander Wohnprojekte in einem Wohnquartier planen.
8.8. Der Zuschuss ist zu widerrufen, wenn sich herausstellt, dass er durch unrichtige oder unvollständige Angaben erwirkt worden ist bzw. bei einer Prüfung die Verwendung des Zuschusses nicht durch entsprechende Belege nachweisbar ist. Ein teilweiser Widerruf erfolgt, wenn nicht die vollständige Verwendung des Zuschusses bestätigt werden kann.
9. Inkrafttreten und Geltungsdauer
Die Förderrichtlinie tritt am 01.01.2023 in Kraft; sie gilt bis zum 31.12.2026.